Sexualisierte Gewalt gegen Kinder, § 176 StGB n.F.

Die Bundesregierung hat ein Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder1 beschlossen, welches zu umfassenden Änderungen im Sexualstrafrecht führt. Begrifflich wird der sexuelle Missbrauch von Kindern (§ 176 StGB a.F.) abgeschafft.

Der neue § 176 StGB lautet dann:

Sexualisierte Gewalt gegen Kinder

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

  1. sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,
  2. ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
  3. ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.

Sexualisierte Gewalt gegen Kinder auch ohne Gewalt

Unverändert bleibt im Vergleich zur vorherigen Regelung, dass es für die Strafbarkeit nicht auf die Anwendung von Gewalt oder auf Drohung mit Gewalt ankommt. Sprachlich dürfte diese Formulierung ziemlich missglückt sein. Sexualisierte Gewalt gegen Kinder meint als Oberbegriff somit alle sexuelle Handlungen mit Kindern unter 14 Jahren, da diese grundsätzlich nicht in sexuelle Handlungen einwilligen können.

Die sexualisierte Gewalt gegen Kinder des § 176 StGB n.F. bildet den Grundtatbestand, der insbesondere durch die schwere sexualisierte Gewalt gegen Kinder, § 176c StGB n.F. und weitere Tatbestände ergänzt wird (vorher: § 176a StGB a.F.).

Sexuelle Handlungen mit Körperkontakt

Strafbar ist deshalb jegliche sexuelle Aktivität, selbst wenn das Kind (vermeintlich) in die sexuellen Handlungen einwilligt oder selbst aktiv geworden sein sollte. Erfasst sind aber in § 176 StGB nur sexuelle Handlungen mit Körperkontakt. Ausreichend sind hierzu leichte Handlungen nicht eindeutig sexueller Natur, die nach dem äußeren Erscheinungsbild und dem allgemeinen Verständnis sexualbezogen sowie von gewisser Erheblichkeit sind. Das Kind braucht weder die Bedeutung der Handlung zu verstehen, noch diese wahrzunehmen (z.B. im Schlaf). Sexuelle Handlungen ohne Körperkontakt regelt dagegen § 176a StGB.

Strafe für sexualisierte Gewalt nicht unter einem Jahr

Die Strafe wurde deutlich angehoben auf mindestens ein Jahr Freiheitsstrafe. Demzufolge ist die Tat nun auch als Verbrechen zu qualifizieren.

Nimmt der Täter sexuelle Handlungen mit Körperkontakt an einem Kind (unter 14 Jahren) vor oder lässt diese an sich vornehmen, beträgt die Strafandrohung dafür ein Jahr bis zu 15 Jahre Freiheitsstrafe. Einen noch höheren Strafrahmen sieht die schwere sexualisierte Gewalt gegen Kinder, § 176c StGB vor.

Hinzuweisen ist schließlich auf den Haftgrund des § 112a Abs. 1 Nr. 1 StPO, der bei einem dringenden Tatverdacht die Anordnung von Untersuchungshaft (U-Haft) erlaubt.

Einvernehmliche Handlungen bei geringem Altersunterschied

Neu aufgenommen wurde eine Regelung, nach der das Gericht von Strafe absehen kann, sofern die sexuellen Handlungen einvernehmlich erfolgten und die handelnden Personen sowohl im Alter als auch vom Entwicklungsstand und Reifegrad her nahezu gleich alt sind. Der 14 oder 15 Jahre alte Freund der unter 14-jährigen kann also darauf hoffen, nicht als Sexualstraftäter mit mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe bestraft zu werden. Dass dies vom Gesetzgeber dennoch als „sexualisierte Gewalt“ gebrandmarkt wird, ist erschreckend.

Falschbeschuldigung und Aussage gegen Aussage

Nicht selten wird eine solche Anschuldigung allerdings auch zu Unrecht erhoben. Gerade nach einer Trennung oder Scheidung wird die Falschbeschuldigung als bewusstes Mittel eingesetzt, um den Partner vom Umgang mit den Kindern auszuschließen.

In familiengerichtlichen Verfahren haben Sachverständige ca. 20% der Fälle als zweifelhaft eingestuft. Auch wenn es keine verlässlichen Statistiken zu Falschbeschuldigungen gibt, sollte diese Möglichkeit immer in die Überlegungen einbezogen werden. Der Erstaussage des Kindes sowie der Aussagegenese kommt in diesen Verfahren jedenfalls maßgebliche Bedeutung zu. Unsere Kanzlei ist im Umgang mit Falschbeschuldigungen sehr erfahren.

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  1. Das Gesetz ist noch nicht inkraftgetreten. []