Falschbeschuldigungszahlen (Statistik)

Die Zahl der Falschbeschuldigungen zu bestimmen ist nicht einfach. Immer wieder findet sich die eine oder andere Statistik darüber, wie groß der Anteil an Falschbeschuldigungen bei Sexualstraftaten sein soll. Vor allem die Zahl von 3 % wird immer wieder von seriösen und auch weniger seriösen Medien aufgegriffen. Oft wird diese Zahl in einem Atemzug genannt mit der Behauptung, nur 8% der Vergewaltiger würde am Ende auch verurteilt. Dies ist aber nur eine Kampagne des bff, die auf völlig unseriösen Grundlagen beruht.

Vergewaltigung Statistik: Werden nur 8% aller Vergewaltiger verurteilt?

Bereits 2017 ging „DIE ZEIT“ (Ausgabe 18/2017) unter dem vielsagenden Titel „Lügen nach Zahlen“ der Frage nach, wie es zu einer solchen besorgniserregenden Statistik kommen könne, die bis heute durch die Medien geistert und fragte hier zu bei der Kriminologischen Zentralstelle des Bundes und der Länder (Krimz) an. Deren Antwort:

„Die mageren acht Prozent der verurteilten Vergewaltiger beruhten auf unseriösen Berechnungen. Sie entstammen keiner wissenschaftlich ernst zu nehmenden Studie. Sie gehen lediglich auf falsch interpretierte und unzulässig zusammengerechnete Polizei- und Justizstatistiken zurück. Und sie stellen – wie es aussieht – ein absichtliches, politisch zielgerichtetes Fehldeuten von Zahlen dar, das den Zweck verfolgt, das Sexualstrafrecht im Sinne interessierter Kreise weiter zu verschärfen.“

Es ist angesichts dieses klaren Statements ein Armutszeugnis für jede/n Journalist/in, die/der weiterhin mit dieser offensichtlich falschen Zahl operiert. Richtig ist, dass es keine einzige zuverlässige Statistik zu der Frage gibt, wie hoch die Verurteilungsquote und wie hoch die Quote der Falschbeschuldigungen ist.

Statistik: Falsche Falschbeschuldigungszahlen

Dass die vielen unterschiedlichen Zahlen, die durch das Internet und die Medien geistern, in den meisten Fällen nicht ernst genommen werden können, zeigt sich vor allem daran, wie diese Statistiken zustande kommen. Denn schaut man sich die Zahlen genauer an, wird schnell deutlich, dass die meisten Statistiken völlig ungeeignet sind, um eine verlässliche Aussage über die Zahl der Falschbeschuldigungen treffen zu können.

Dies zeigt sich beispielhaft an folgender Statistik: Wie eingangs erwähnt, spielt die Zahl 3% immer wieder eine große Rolle, wenn es um Falschbeschuldigungen geht. Diese Zahl geht auf eine Untersuchung zurück, die ihren Ursprung in England hat. Sie weist offensichtliche und schwerwiegende methodische Mängel auf und ist damit völlig ungeeignet, um eine verlässliche Aussage über Falschbeschuldigungen in Deutschland zu machen:

Zum einen werden in Deutschland nur Fälle einer einzigen Staatsanwaltschaft untersucht. 100 Akten haben sich die Forscherinnen vorgenommen. Von den 100 Fällen seien lediglich 3 falsche Anschuldigungen gewesen. Et voilà – die schöne Zahl von 3% ist geboren. Dabei fällt jedoch einiges unter den Tisch – nämlich dass 45% dieser Fälle mangels Tatverdacht eingestellt wurden. Dass das Fehlen von Beweisen auch daran liegen könnte, dass es gar keine Tat gab, spielt nach der Einstellung keine Rolle mehr. Niemand wird wohl bestreiten wollen, dass sich daraus ein großes potenzielles Dunkelfeld ergibt.

Ganz abgesehen davon, dass eine Statistik, die lediglich 100 Fälle einer einzigen Staatsanwaltschaft in Deutschland untersucht, wohl kaum repräsentativ sein kann! Dennoch hinterfragt niemand diese Zahlen, die dazu noch von einem Lobbyverband kolportiert wurden.

Wie hoch ist die Zahl der Falschbeschuldigungen wirklich?

Wie hoch die Anzahl der Falschbeschuldigungen tatsächlich ist, lässt sich nicht verlässlich bestimmen. Es gibt aber einige äußerst aussagekräftige Indizien:

Geht es etwa nach einer Trennung „um die Kinder“ stellen sich mindestens 20% aller Beschuldigungen eines sexuellen Missbrauchs am Ende als Falschbeschuldigung heraus.1

Eine ähnliche Zahl nennt Prof. Dr. Klaus Püschel, Rechtsmediziner und Institutsdirektor am Universitätsklinikum in Hamburg-Eppendorf: Seiner Untersuchung zufolge seien ein Drittel der untersuchten Fälle aus rechtsmedizinischer Sicht vorgetäuscht.

Prof. Dr. Günter Köhnken, der zu den renommiertesten Aussagepsychologen des Landes zählt, schätzt die Quote der Falschaussagen auf etwa 30% bis 40% – in „Aussage gegen Aussage“-Konstellationen mit verheerenden Folgen.

Aber auch Statistiken der Polizei Bayern und Rostock lassen auf eine deutlich höhere Zahl an Falschbeschuldigungen schließen: In einer schon 2005 von der Polizei Bayern veröffentlichten Statistik heißt es, dass 58,4% der angezeigten (versuchten) Vergewaltigungen mangels Tatverdacht eingestellt wurden. 5% wurden vor Gericht sogar freigesprochen. Laut einer Statistik der Polizei Rostock könnten 8 von 10 Vergewaltigungen vorgetäuscht sein. Auch wenn diese Zahl hoch erscheint, wurde diese von der Polizei veröffentlicht.

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In der Gesamtschau wird man im Ergebnis realistisch von 30% Falschbeschuldigungen ausgehen müssen. Dass die Möglichkeit einer Falschbeschuldigung nie außer Acht bleiben sollte, zeigen frühere bedeutende Verfahren und diese Medienberichte allein aus 2018.


  1. vgl. Frommel, in: NK-StGB (5. Aufl. 2017) § 176 Rn. 5. []