Aussage gegen Aussage: Im Zweifel für den Angeklagten?

Im Sexualstrafrecht steht meist Aussage gegen Aussage, denn es gibt nur selten andere Beweise als die Aussage des möglichen Opfers. Gilt dann im Zweifel für den Angeklagten?

Im Zweifel für den Angeklagten („in dubio pro reo“) entscheidet ein Gericht, wenn es sich nicht von der Schuld des Angeklagten überzeugen kann. Das Gericht muss davon überzeugt sein, dass der Angeklagte die ihm vorgeworfene Tat begangen hat – nur dann darf das Gericht den Beschuldigten am Ende verurteilen, und zwar auch dann, wenn Aussage gegen Aussage steht. Aber von vorn:

Strafanzeige durch das (mögliche) Opfer

Ein Strafverfahren beginnt regelmäßig mit einer Strafanzeige. Das mögliche Opfer geht zur Polizei und zeigt an, dass es vergewaltigt oder sexuell missbraucht wurde. Häufig erstattet der-/diejenige die Strafanzeige nicht sofort, sondern erst Wochen, Monate oder Jahre nach der angeblichen Tat. Wie will man eine Vergewaltigung oder einen sexuellen Missbrauch da noch gerichtsfest beweisen?

Vernehmung in Aussage gegen Aussage Konstellation

Eben weil es meist nur die Aussage des vermeintlichen Opfers gibt, kommt es umso mehr auf die Vernehmung durch die Polizei an. Leider erweisen sich diese Vernehmungen allerdings nicht selten als oberflächlich, lückenhaft sowie suggestiv.

„Von der ersten Vernehmung hängt also geradezu die ganze Zukunft des Prozesses ab: Hier wird eigentlich fast immer der Sachverhalt endgültig geklärt oder endgültig verschleiert.“
William Stern (1871-1938)

Die erste Vernehmung des (einzigen) Zeugen soll dazu dienen, das angebliche Geschehen aufzuklären. Dabei kommt es maßgeblich auf die Kompetenz der Vernehmungsperson an, denn durch eine zu oberflächliche oder suggestive Befragung wird die Aussage insgesamt entwertet. In diesem Fall müsste im Zweifel für den Angeklagten entschieden werden.

Vorladung der Polizei als Beschuldigter

Nachdem die Aussage des Zeugen vorliegt, geht es um die Aussage des Beschuldigten. Dazu sendet die Polizei eine Vorladung an den Beschuldigten. Diese Einladung ist jedoch nicht bindend. Der Beschuldigte sollte der Vorladung der Polizei keinesfalls nachkommen. Statt zur Polizei gehen Sie deshalb besser zum Anwalt, aber nicht zu irgendeinem Anwalt, sondern zu einem auf das Sexualstrafrecht spezialisierten Anwalt – am besten zu uns!

Gerade Unschuldige neigen dazu, sich redend zu verteidigen, um die Vorwürfe so schnell wie möglich aus der Welt zu schaffen. Leider macht dies häufig alles komplizierter, denn die Polizei bekommt dadurch weitere Ermittlungsansätze. Daher ist Schweigen die einzige Option für den Beschuldigten, denn Schweigen ist Gold!

Wir sagen die Vorladung für Sie ab!

Wenn Sie sich mit der Vorladung der Polizei vertrauensvoll an uns wenden, werden wir die Polizei kontaktieren und für Sie diese Vorladung absagen. Unsere Kanzlei ist spezialisiert auf Fälle, in denen im Sexualstrafrecht Aussage gegen Aussage steht. Jedes Jahr klären wir zahlreiche Falschbeschuldigungen auf und konnten so schon viele Mandanten vor dem Gefängnis bewahren. Vertrauen sie daher nicht irgendwem, sondern unserer Expertise!

Aussage gegen Aussage im Sexualstrafrecht

Schweigt der Beschuldigte zu den Vorwürfen und fehlen weitere Beweise, steht Aussage gegen Aussage. Einziges Beweismittel ist dann die Aussage des vermeintlichen Opfers. In dieser Konstellation müsste diese Aussage bestimmten Anforderungen genügen und vor allem besonders glaubhaft sein. Auf die Glaubhaftigkeit der Aussage kommt es somit an!

Grundsätzlich ist wichtig zu wissen, dass nur wenige Zeugen absichtlich lügen. Vielmehr glauben diese sogar wirklich daran, sexuell missbraucht oder vergewaltigt worden zu sein. Die Gründe hierfür können vielfältig sein. Oftmals suchen diejenigen eine Antwort auf die Frage, warum ihr Leben anders verlaufen ist als das der Freunde oder Bekannte. Dubiose Opferhilfevereine oder zweifelhafte Therapien begünstigen dabei die Entstehung falscher Erinnerungen an sexuellen Missbrauch durch auto- oder fremdsuggestive Prozesse.

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Problematisch sind auch Gespräche über ein Ereignis, denn diese bewirken eine Art „Rückschaufehler“: Wird ein Zeuge etwa von nahestehenden Personen befragt, z.B. warum der sich nicht gewehrt habe, beginnen suggestive Prozesse, an dessen Ende dann manchmal die fehlerhafte Erkenntnis steht, man müsse sich doch gewehrt haben. Und der Zeuge kann sich rückblickend nicht mehr vorstellen, sexuelle Handlungen gewollt zu haben.

Was kann ein Anwalt für mich als Beschuldigten erreichen?

Ein auf das Sexualstrafrecht spezialisierter Anwalt wird die Zeugenaussage zunächst sehr genau analysieren. Ist die Aussage plausibel, logisch konsistent, konstant zu früheren Aussagen sowie frei von Widersprüchen? Wie ein Aussagepsychologe wird der Anwalt hierzu verschiedene Hypothesen bilden, die erklären können, warum die Aussage unbewusst oder bewusst falsch ist. Die Bedenken wird der Rechtsanwalt der Staatsanwaltschaft mitteilen.

Oftmals ist das Verfahren damit aber noch lange nicht beendet. Regelmäßig sind weitere Unterlagen notwendig, die erst von Ärzten, Jugendämtern oder aus früheren Verfahren beigezogen werden müssen. Teilweise sind Gutachten anzufertigen, z.B. ein aussagepsychologisches, psychiatrisches oder rechtsmedizinisches Gutachten. Das erfordert Geduld, viel Zeit und detaillierte Beschäftigung mit den Unterlagen. Deshalb dauern die Verfahren auch entsprechend lange, regelmäßig mindestens ein Jahr.

Einstellung im Ermittlungsverfahren

Im Ermittlungsverfahren gilt es, die Staatsanwaltschaft davon zu überzeugen, dass allein auf die Aussage keine Anklage aufzubauen ist. Nur wenn der Tatverdacht hinreichend ist, dürfte die Staatsanwaltschaft Anklage erheben. Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren mangels Tatverdacht gemäß § 170 Abs. 2 StPO ein.

Die Einstellung im Ermittlungsverfahren ist das bestmögliche Ergebnis. Dadurch entgeht der Beschuldigte der sehr belastenden, öffentlichen Hauptverhandlung, die nicht nur teuer, sondern auch mit enormen Risiken, z.B. einer Verurteilung verbunden ist.

Freispruch im Zweifel für den Angeklagten

Nach Anklage der Staatsanwaltschaft und der Eröffnung des Hauptverfahrens beginnt die Hauptverhandlung. Diese findet regelmäßig öffentlich statt, denn hier geht es um die Wahrheitsfindung „im Namen des Volkes“. Die Zeugen sagen hier erneut aus und die Aussage auf deren Glaubhaftigkeit untersucht. Die Staatsanwaltschaft und das Gericht sind jedoch oft voreingenommen und lassen eine kritische Würdigung der Aussage vermissen. Hier ist eine erstklassige Strafverteidigung unverzichtbar. Denn die Konstellation Aussage gegen Aussage zählt zu den schwierigsten überhaupt für alle Beteiligten.

Nur wenn am Ende nicht überwindbare Zweifel bleiben, wird das Gericht im Zweifel für den Angeklagten entscheiden und ihn freisprechen. Der Freispruch ist aber keinesfalls selbstverständlich, sondern der Weg dahin ein harter Kampf um die Rechte des Beschuldigten.

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Aussage gegen Aussage: Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wann steht Aussage gegen Aussage?
Es steht Aussage gegen Aussage, wenn die Aussage des einzigen Zeugen dem Bestreiten oder Schweigen des Beschuldigten gegenübersteht ohne dass es andere Beweise gibt.

Was wenn Aussage gegen Aussage steht?
Wenn Aussage gegen Aussage steht, muss die Aussage des einzigen Zeugen sehr glaubhaft sein, damit der Beschuldigte nur aufgrund dieser Aussage verurteilt werden kann. Dies ist aber ohne Weiteres möglich, denn Staatsanwaltschaft und Gericht sind sehr voreingenommen und glauben dem möglichen Opfer viel zu leicht.

Ist eine Aussage ein Beweis?
Im Strafverfahren gibt es nur wenige zulässige Beweismittel, die Aussage ist eines davon. Die anderen Beweismittel sind Augenschein (z.B. von Fotos), Sachverständige, Urkunden und eben Zeugen. Deshalb kann ein Angeklagter aufgrund einer Aussage verurteilt werden, auch wenn die Aussage der einzige Beweis ist.

Wann gilt im Zweifel für den Angeklagten?
Nur wenn dem Gericht Zweifel bleiben, die es nicht zu überwinden vermag, darf es den Angeklagten freisprechen. Denn wenn dem Angeklagten die Tat nicht nachzuweisen ist, ist er im Zweifel freizusprechen.

Wer muss die Schuld beweisen?
Die Tat muss dem Angeklagten aufgrund bestimmter Beweise nachgewiesen werden. Zunächst ist die Staatsanwaltschaft für die Ermittlungen verantwortlich, an dessen Ende ggf. die Anklage steht. Dann ist es beim Gericht, die Schuld des Angeklagten nachzuweisen.