Freispruch vom Vorwurf der Vergewaltigung

Die Wahrscheinlichkeit, in Deutschland vor Gericht freigesprochen zu werden, liegt im einstelligen Prozentbereich. Wesentlich höher liegt die Chance auf einen Freispruch jedoch im Sexualstrafrecht, z.B. beim Vorwurf der Vergewaltigung (§ 177 StGB). Kommt es hier zu einer Anklage und Hauptverhandlung, werden etwa 25% der Angeklagten freigesprochen, und zwar selbst dann, wenn diese zuvor in Untersuchungshaft gesessen haben. Danach ist die Chance auf einen Freispruch nirgends so groß wie im Sexualstrafrecht.

Der Grund dafür sind die im Sexualstrafrecht überdurchschnittlich häufig vorkommenden Beweisschwierigkeiten. Steht die Aussage des mutmaßlichen Opfers gegen die des Angeklagten, muss das Gericht diese Aussagen gegeneinander abwägen. Denn andere Beweise außer die Aussagen der beiden Beteiligten gibt es in den meisten Fällen nicht.

Freispruch, Vergewaltigung, Aussage gegen Aussage, Anwalt, Hauptverhandlung, Hamburg, Berlin, Landgericht, Amtsgericht, Berufung, Untersuchungshaft, U-Haft

Es steht dann Aussage gegen Aussage. Dennoch werden Verfahren mit dieser schwierigen Beweiskonstellation trotz größerer Unsicherheiten hinsichtlich der Verurteilungsprognose offenbar häufiger angeklagt. Es kommt maßgeblich auf die Schilderung des mutmaßlichen Opfers an, von deren Glaubwürdigkeit sich das Gericht ein Bild machen will. Dies dürfte der Grund sein, warum die Staatsanwaltschaft häufig nicht schon im Ermittlungsverfahren den hinreichenden Tatverdacht verneint.

Dies führt indes zu einer enormen Belastung durch die öffentliche Hauptverhandlung für alle Beteiligten. Ein guter Rechtsanwalt wird deshalb alles daran setzen, das Verfahren gar nicht erst soweit kommen zu lassen. Mehr als 80% unserer Verfahren im Sexualstrafrecht enden im Ermittlungsverfahren ohne dass es zu einer Hauptverhandlung kommt.

Freispruch: Im Zweifel für den Angeklagten

Als besonders schwierig erweisen sich vor allem Verfahren, in denen der Beschuldigte in Untersuchungshaft sitzt. Eine Studie untersuchte nun den Verfahrensausgang dieser Fälle:

In zwei Dritteln dieser Fälle musste das Gericht entscheiden, ob die sexuellen Handlungen einvernehmlich stattgefunden hatten oder nicht. In dem übrigen Drittel war fraglich, ob es die vom angeblichen Opfer geschilderten sexuellen Handlungen überhaupt gegeben hatte. Der Freispruch wegen des Tatvorwurfs sexueller Nötigung oder Vergewaltigung erfolgte in 95% der Verfahren „in dubio pro reo“, also im Zweifel zugunsten des Angeklagten.

Repräsentative Analyse von 300 Freisprüchen nach Untersuchungshaft

Das Institut für Kriminologie (Kinzig/Stelly) der Universität Tübingen hatte 300 Freisprüche nach Untersuchungshaft analysiert1. Diese Anzahl entspricht von den Merkmalen und Fallzahlen her allen Freisprüchen – nach Untersuchungshaft – in Deutschland innerhalb eines Jahres, wie er in der Strafverfolgungsstatistik (hier: 2013) erfasst ist.

Derzeit kann nur spekuliert werden, inwieweit sich das „neue“ Sexualstrafrecht („Nein heißt nein“) auf die Entwicklung der Freispruchquote bei sexueller Nötigung und Vergewaltigung auswirken wird. Kritiker der Verschärfung und Ausweitung des Sexualstrafrechts hatten die Vermutung geäußert, dass mit der Novellierung alter bzw. der Einführung neuer Straftatbestände erhebliche Beweisprobleme einhergehen, welche voraussichtlich auch einen Anstieg der Freispruchquoten bedingen werden.

Freispruch nach Untersuchungshaft

Wurde ein in Untersuchungshaft sitzender Tatverdächtiger freigesprochen, dann entschied das Gericht ebenfalls meist nach dem Zweifelssatz. Selten dagegen erfolgt ein Freispruch beim Tatvorwurf der sexuellen Nötigung oder Vergewaltigung wegen erwiesener Unschuld des Angeklagten. Es bleiben vielmehr naturgemäß nahezu immer Restzweifel.

Zum Vergleich: Angeklagte, die wegen Diebstahls vor Gericht stehen, werden nur in 2,4% der Fälle freigesprochen, bei Körperverletzung sind es 7,4%. Bei anderen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung lag die Freispruchquote bei 10% und damit immerhin noch deutlich höher als bei anderen Delikten.

Engagierte Strafverteidigung in der Hauptverhandlung

Das Ziel der Verteidigung bestimmt die Verteidigungsstrategie in der Hauptverhandlung. Ist der Mandant unschuldig, wird ein „Kuschelkurs“ mit dem Gericht nicht weiterhelfen: Ein Verteidiger muss das Gericht von der Verurteilungsprognose runterbringen, die es durch den Eröffnungsbeschluss manifestiert hat. Das schafft man nicht mit Freundlichkeit. Wir stellen unsere Kompetenz am liebsten in besonders schwierigen Mandaten unter Beweis, die andere für aussichtslos halten.

Sie können sich darauf verlassen, dass wir stets engagiert und unnachgiebig verteidigen. Wir beherrschen alle „Spielarten“ der Verteidigung, von konfrontativ bis konsensual und sind besonders erfahren in der Befragung von vermeintlichen Opfern bei Aussage gegen Aussage, selbst gegen ein aussagepsychologisches Gutachten.

Strafverteidigung wegen sexueller Nötigung und Vergewaltigung

Sie haben eine Frage, die unbeantwortet geblieben ist? Dieser Text erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und dient nur der ersten Orientierung; ersetzt jedoch keine persönliche Beratung bei einem Rechtsanwalt. Gern geben wir Ihnen hierzu persönlich Auskunft!

Selbstverständlich begegnen wir unseren Mandanten respektvoll und vorurteilsfrei sowie unter Wahrung absoluter Diskretion. Als Rechtsanwälte unterliegen wir der Verschwiegenheit, Sie können mit uns alles besprechen, kein Anliegen muss Ihnen unangenehm sein.

Jetzt Termin vereinbaren
Wir sind für Sie da! Vereinbaren Sie jetzt einen Beratungstermin.

Kontakt


  1. Kinzig/Stelly: Neue statistische Analysen zum Freispruch (nach Untersuchungshaft), StV 2017, 610 []